Wie paradox ist das Wort “Datenschutz”?

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Ulrich Münchbach - Externer Datenschutzbeauftragter - Datenschutzauditor - Datenschutz und Datensicherheit

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Wie verhalten sich einzelne Daten?

Daten neigen dazu, wie Neuronen im Gehirn miteinander Beziehungen aufzubauen. Es entstehen Informationen, konkrete Aussagen über bestimmte Menschen.

Auf dem Nährboden zunehmender Digitalisierung ergänzen diese einzelnen Puzzleteile die persönlichen Profile bei  den unterschiedlichsten Datensammlern.

Und dabei müssen es nicht zwingend die üblichen Verdächtigen im Internet sein. Auch Versicherer, Auskunfteien und ganz vorne weg die eigene Hausbank sind brennend daran interessiert, was wir Menschen denken, tun und erwarten.

„Erwarten“ ist das Stichwort

Ein Profil alleine reicht schon lange nicht mehr aus. Viel wichtiger ist im Voraus zu wissen, wie Menschen sehr wahrscheinlich morgen, übermorgen, in der Zukunft sich entscheiden.

Als Kunden ist es uns selbst vielleicht schon passiert, dass unsere persönliche Situation vor einem Geschäfts- oder Vertragsabschluss so weit als möglich überprüft wurde.

Wir werden transparenter und berechenbarer, weil wir zu gerne unseren Gewohnheiten folgen.

„Ja, aber das ist doch super bequem und spart Zeit“ sagen die einen, utopisch urteilen die anderen.

Die Geschichte der Profiling-Algorithmen zeigt, dass sogar das Stadium des bloßen „Vorhersehens“ sich dem Ende zuneigt. Das Beeinflussen des Einzelnen reicht heute so tief in unsere Privatsphäre, dass uns sprichwörtlich gesagt bzw. suggeriert wird, was wir zu tun, zu denken und zu entscheiden haben.

Was machen bekannte Unternehmen mit meinen Daten?

Wer denkt dabei schon an seine Hausbank oder seine Versicherung? Neben den üblichen Kundengeschäften, wie Kredite oder Versicherungen vergeben, bauen Versicherungs- und Finanzunternehmen auf detaillierten Profilen ihr Scoring auf. Dabei handelt es sich um die Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes eines Menschen. Die mathematische Annäherung an sein Verhalten in der Zukunft.

Banken sprechen hier vom Kreditscore, einer statistischen Analyse der Kreditwürdigkeit einer Person oder eines Unternehmens.

“to score” aus dem Englischen bedeutet “Punkte erzielen”. Ein ordentlich zurückbezahlter Kredit “erzielt” hier folglich Bonuspunkte, während ausgefallene Zahlungen das Gegenteil bewirken. Unfallfreies fahren wirkt sich bei der KFZ-Versicherung sicher anders aus, als die zweite oder dritte Schadensmeldung.

Die Ermittlung dieses Scores verläuft weitestgehend automatisiert, wobei der neue Datenschutz die Rechte des Einzelnen deutlich gestärkt hat. (siehe z.B. DS-GVO – Erwägungsgrund 71)

Mit den “Bequemlichkeits-Tools” der Digitalisierung

… wird das Leben bequemer und schneller. Das Smartphone ist aus unserem Leben kaum noch wegzudenken. Für alle möglichen Anforderungen, Aufgaben und Entertainment laden wir Apps, ob bezahlt oder kostenlos. Auf der einen Seite tippen wir jeden Tag Dinge aus unserem Leben in dieses Gerät. Was diese Programme mit diesen Informationen machen bekommen wir selten mit. Einstellungen zum Datenschutz werden häufig ignoriert.

Doch immer wieder stoße ich hier auf Angebote mit lückenhafter Absicherungen der zugrunde liegenden Datenverarbeitung. Der Anwender bekommt davon nicht viel mit und für viele Betreiber ist Datenschutz nur lästig.

Obwohl viele Dienstleistungen kostenlos sind überlege ich mir den wahren Preis. Und ab welchem Punkt ich als Anwender oder Kunde selbst zur Handelsware werde.

  • Wohin führt uns das?
  • Wie sieht es mit unserer freien Entscheidung, unserer Selbstbestimmung aus?
  • Wie können wir uns vor dem unkontrollierten Ausufern der Möglichkeiten schützen?
  • Wiederholt sich das „wilde Internet“, beginnend in den 1990ern, als alle Möglichkeiten ausgelotet wurden ohne Rücksicht auf die Rechte der Menschen?
  • Was tun, wenn in der ganzen “Vorausberechnerei” die Informationen aus dem Ruder laufen und beginnen, wie Krebsgeschwüre ein Eigenleben zu führen?
  • Welche scheinbar unbedeutenden Daten haben im Kontext des Gesamtbildes über uns weitreichende Auswirkungen?

Verantwortung für uns selbst bedeutet …

nicht nur zu wissen, was der Klick auf einen Button bewirkt. Im Zeitalter der “explodierenden Digitalisierung braucht es das Grundverständnis, was nach dem Klick unter der Oberfläche geschieht.

Wohin fließen unsere Daten? Wer arbeitet damit? An wen gibt er diese weiter?

Je schneller sich unser Leben in die Welt von Bits und Bytes verlagert, desto mehr braucht es einfach erklärte und transparente Beschreibungen der Verwendung. Und das bevor wir irgendwo aktiv werden. Erst dann können wir uns als Anwender im digitalen Dschungel zurechtfinden, ohne dabei verloren zu gehen.

Fazit

Müsste es dann nicht statt Datenschutz eher “Informationsschutz” heißen?

Unsere Daten bilden den kleinsten Nenner. Ich passe sozusagen auf meine “Quelle” auf, indem ich meine Gewohnheiten und meine Bequemlichkeiten im alltäglichen „Datenverteilen“ regelmäßig auf den Prüfstand stelle.

So gibt es möglicherweise eine wirkliche Chance, fremde Manipulationen im Leben zu reduzieren und die Verletzungen der Rechte, Integrität und Freiheit wenigstens ein Stück weit zu heilen.

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